Mein Talisman, 06.11.1997 Nr. 15
Exorzismen, Besetzung
Ein Geist will in mich eindringen!
Wenn dir ein kalter Schauder über den Körper läuft, wenn du einen unsichtbaren Blick auf deinem Rücken spürst - dann ist es möglicherweise er. Der Geist, der in dich eindringen will.
Es gibt viele Geister um uns herum. Es reicht nur in einer entsprechenden Stimmung zu sein, um ihre Anwesenheit zu spüren. Sie erinnern an Ungeheuer, die nichts gemein mit dem Bild des Leibes haben, das sie verließen.
Die Menschen von Fleisch und Blut sollen nicht für die Geister der Verstorbenen ein Haus nach Ihrem Tode sein. Die Geister sollen ins Jenseits gehen. Das wollen sie aber nicht immer.
Manche Geister bleiben bewusst in der Welt der Lebenden und warten auf ihre Chance. Einige von ihnen erpressen, versprechen, sie würden dies oder jenes erledigen. Sie haben manchmal Rechnungen zu begleichen. Manchmal sind sie grausam.
Besetzung
Der Mensch mit einem Geist in seinem Körper ist lästig für die Umgebung. Oft wird er wegen Neurosen behandelt, nimmt Beruhigungsmittel ein, trinkt Alkohol, manchmal greift er nach Drogen. Er leidet. Manchmal spürt er, dass er Bewusstseinsspaltung hat.
Es kommt vor, dass er immer etwas erledigen will, die anderen mit seinen Bemerkungen quält, Antworten verlangt. Der Geist des Fremden wird aktiv, wenn der Mensch übermüdet, verzweifelt oder krank ist. Dann ist es leicht, sich heimsuchen zu lassen.
Beispiele:
Ein kleiner Junge hat sich so zurückgezogen, dass man ihn ärztlicher Beobachtung unterzog. Die Ärzte stellten Autismus fest - Wanda Pratnicka stellte aber eine andere Diagnose - er wurde besessen von dem Geist seines Urgroßvaters. Nach den Exorzismen gewann der Junge den Kontakt mit seiner Umgebung wieder und die Familie, obwohl sie die Naturwissenschaften sehr schätzt, vertraute der Exorzistin. Diese sprach mit dem Geist des hartnäckigen Opas und überredete ihn, den Enkel zu verlassen...
Anna war mit der wunderschönen Eva befreundet, die sie zuerst gerne berührte, dann aber immer heftiger anfasste. Liebeserklärungen wurden sichtbar. Als die Eltern von Anna erfuhren, dass ihre Tochter eine Lesbe ist, rasten sie aus. Sie glaubten, dass ihre Tochter in Ordnung wäre, und Eva diejenige sei, die zu Exzessen provoziert. Wanda entdeckte etwas anderes. In Anna saß der Geist eines Mannes, der nach Sex mit jungen Mädchen verlangte. Deshalb veränderte sich Annas Stimme in eine männliche, wenn Eva in der Nähe war.
Ins Jenseits weigern sich die Geister von Menschen zu gehen, die sich zu Lebzeiten ihren Tod als einen ekelhaften Prozess des Zerfalls von körperlichen Überresten, Fäulnis und Grabeskälte vorstellten. Auch Leute, die zu Lebzeiten Unfug trieben und jetzt Angst vor der Bestrafung haben, gehen nicht dahin. Zu dieser Gruppe gehören auch Menschen, die sich dem Tod nicht fügen und weiter leben wollen.
Dann irren sie. Sie nehmen die Menschen als Leuchtpünktchen, Energiequellen wahr, sie wollen in sie eindringen. Die Exorzistin kann allen helfen, aber nicht immer geht es schnell voran. Einmal befreit sie vom bösen Geist wie durch Zauberei, ein anderes Mal braucht sie sehr lange, um den Geist zu überreden. Manchmal wird sie angegriffen, aber sie fürchte diese Mächte nicht.
Gefährlich sind Geister, die zum Selbstmord bewegen - meistens werden diese Personen von einem auf den Menschen wütenden Geist besessen, der ausrastet, wenn sich der Mensch gegen seinem Willen stellt.
Viele Menschen spüren intuitiv, wo sich die Stätten befinden, in denen es spukt. Sie wissen und verstehen nicht, warum, aber sie fühlen die Kälte von jemands Anwesenheit, eine unerklärliche Angst. Dann kommt es ihnen so vor, als würde sich die Türklinke bewegen oder sich der Sessel unter jemands Gewicht beugen. Wanda weiß, dass der Geist es nicht macht - um Gegenstände zu bewegen braucht man ungeheure Kraft, aber der Geist bewegt den Stuhl durch den Menschen, den er beherrscht.
Geister haben ihre beliebten Aufenthaltsorte - von uns als außergewöhnlich betrachtet. Es gibt sie also in der Kirche, in manchen Häusern, auf dem Friedhof... sie schöpfen Energie von den umherstreifenden Tieren... sie warten... manchmal können sie den Menschen nicht verlassen. Hier hilft nur ein Exorzismus.
Man soll keine Angst davor haben und die Exorzismen auf keinen Fall mit Zauberei verwechseln. Wenn die Lebensschwierigkeiten nicht rational zu erklären sind, kann es nützlich sein, den Zustand der Seele zu untersuchen, den Menschen von dem Eindringling zu läutern und so von mancher Tragödie zu befreien. Auch ist es sehr wichtig noch zu Lebzeiten die Eigenschaften des Todes und die Notwendigkeit der Wanderung in eine bessere Welt zu verstehen.
Zum Glück - gibt es außer den Geistern, die nicht fortgehen wollen und auf den Menschen destruktiv wirken, auch Schutzgeister. Um solch einen Schutzengel sollte man innigst beten.
Autor: Maria Pratnicka